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Einheitsübersetzung
Einheitsübersetzung 2016
ERSTES LIED: 1,1–22
1 Weh, wie einsam sitzt da / die einst so volkreiche Stadt! Einer Witwe wurde gleich / die Große unter den Völkern. Die Fürstin über die Länder / ist zur Fron erniedrigt.
2 Sie weint und weint des Nachts, / Tränen auf ihren Wangen. Niemand ist da, sie zu trösten, / unter all denen, die sie liebten. Untreu sind all ihre Freunde, / sie sind ihr zu Feinden geworden.
3 In die Verbannung zog Juda aus Elend / und harter Knechtschaft. Nun weilt sie unter den Völkern / und findet nicht Ruhe. All ihre Verfolger holten sie ein / mitten in der Bedrängnis.
4 Die Wege nach Zion trauern, / niemand pilgert zum Fest, / verödet sind all ihre Tore. Ihre Priester seufzen, / ihre Jungfrauen sind voll Gram, / sie selbst trägt Weh und Kummer.
5 Ihre Bedränger sind an der Macht, / ihre Feinde im Glück. Denn Trübsal hat der HERR ihr gesandt / wegen ihrer vielen Verfehlungen. Ihre Kinder zogen fort, / gefangen, vor dem Bedränger.
6 Gewichen ist von der Tochter Zion / all ihre Pracht. Ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, / die keine Weide finden. Kraftlos zogen sie dahin / vor ihren Verfolgern.
7 Jerusalem denkt an die Tage / ihres Elends, ihrer Unrast, an all ihre Kostbarkeiten, / die sie einst besessen, als ihr Volk in Feindeshand fiel / und niemand da war, ihr zu helfen. Die Bedränger sahen sie an, / lachten über ihre Vernichtung.
8 Schwer gesündigt hatte Jerusalem, / deshalb ist sie zum Abscheu geworden. All ihre Verehrer verachten sie, / weil sie ihre Blöße gesehen. Sie selbst seufzt / und wendet sich ab.
9 Ihre Unreinheit klebt an ihrer Schleppe, / ihr Ende bedachte sie nicht. Entsetzlich ist sie gesunken, / niemand ist da, sie zu trösten. Sieh doch mein Elend, o HERR, / denn die Feinde prahlen!
10 Der Bedränger streckte die Hand aus / nach all ihren Schätzen. Ja, sie sah, wie Völker / in ihr Heiligtum drangen; ihnen hattest du doch verboten, / sich dir zu nahen in der Gemeinde.
11 All ihre Bewohner seufzen, / verlangen nach Brot. Sie geben ihre Schätze für Nahrung, / nur um am Leben zu bleiben. HERR, sieh doch und schau, / wie sehr ich verachtet bin.
12 Ihr alle, die ihr des Weges zieht, / schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz, / den man mir angetan, mit dem der HERR mich geschlagen hat / am Tag seines glühenden Zornes.
13 Aus der Höhe sandte er Feuer, / in meine Glieder ließ er es fallen. Er spannte ein Netz meinen Füßen, / rücklings riss er mich nieder. Er machte mich einsam / und siech für alle Zeit.
14 Schwer ist das Joch meiner Verfehlungen, / von seiner Hand aufgelegt. Sie stiegen mir über den Hals; / da brach meine Kraft. Preisgegeben hat mich der Herr / in die Hand derer, denen ich nicht standhalten konnte.
15 Verworfen hat all meine Helden / der Herr in meiner Mitte. Ein Fest rief er aus gegen mich, / meine jungen Männer zu zerschlagen. Die Kelter trat der Herr / gegen die Jungfrau, Tochter Juda.
16 Darüber muss ich weinen, / mein Auge, ja, mein Auge fließt von Tränen. Fern von mir ist ein Tröster, / mein Leben zurückzubringen. Einsam sind meine Kinder; / denn der Feind ist stark.
17 Zion ringt die Hände, / niemand ist da, sie zu trösten. Aufgeboten hat der HERR gegen Jakob / seine Nachbarn, ihn zu bedrängen. Jerusalem ist unter ihnen / zum Schandfleck geworden.
18 Er, der HERR, ist im Recht. / Ich habe seinem Wort getrotzt. Hört doch, alle ihr Völker, / und seht meinen Schmerz: Meine Mädchen, meine jungen Männer / zogen in die Gefangenschaft.
19 Ich rief nach denen, die mich liebten; / doch sie betrogen mich. Meine Priester, meine Ältesten / sind in der Stadt verschmachtet, als sie Nahrung suchten, / um am Leben zu bleiben.
20 HERR, sieh an, wie mir angst ist! / Mein Inneres glüht; mir dreht sich das Herz im Leibe, / weil ich mich so heftig widersetzt habe. Draußen raubte die Kinder das Schwert, / was drinnen ist, gleicht dem Tod.
21 Sie hörten, wie ich stöhne; / ich habe keinen Tröster. All meine Feinde hörten von meinem Unglück, / freuten sich, dass du es bewirkt hast. Du brachtest deinen angekündigten Tag. / Ihnen aber wird es ergehen wie mir;
22 all ihre Bosheit komme vor dich. / Tu dann an ihnen, wie du an mir getan / wegen all meiner Verfehlungen! Denn ich stöhne ohne Ende / und mein Herz ist krank.
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten
Gute Nachricht Bibel
Gute Nachricht Bibel 2018
Jerusalem, eine einsame Witwe
1 Ach, wie einsam ist die Stadt geworden, die früher voller Menschen war! Einst war sie bei allen Völkern geachtet, jetzt gleicht sie einer schutzlosen Witwe. Sie, die Herrin über viele Länder, muss nun als Sklavin Frondienst leisten.
2 Sie weint und klagt die ganze Nacht, Tränen laufen ihr über die Wangen. Von den Liebhabern, die sie einst begehrten, kommt nicht einer, um sie zu trösten. Alle Freunde sind ihr untreu geworden und haben sich gegen sie gewandt.
3 Nach langer Zeit der Not und Bedrängnis wurden die Leute von Juda weggeführt. Die Verfolger trieben sie in die Enge und setzten ihnen grausam zu. Unter fremden Völkern müssen sie wohnen und können nirgendwo Ruhe finden.
4 Die Wege zum Zionsberg liegen verlassen; sie trauern, weil niemand zum Fest kommt. Die Tore der Stadt sind trostlose Trümmer, die Priester des Tempels seufzen vor Gram, bedrückt sind die Mädchen, die früher dort sangen, Jerusalem selbst leidet tödliche Qualen.
5 Die Feinde sind auf dem Gipfel des Glücks; sie haben endlich erreicht, was sie wollten. Der HERR hat der Stadt dieses Leid geschickt als Strafe für ihre vielen Vergehen. Ihre Kinder hat der Feind geraubt und als Gefangene vor sich hergetrieben.
6 Die Zionsstadt hat all ihren Glanz verloren: Ihre Führer sind wie hungernde Hirsche, die nirgendwo ihre Weide finden und kraftlos immer weiter fliehen, weil der Jäger ihnen auf den Fersen bleibt.
7 Die Zionsstadt denkt zurück an die Tage, als sie in höchste Bedrängnis geriet. Sie denkt traurig an die verlorenen Schätze, die sie seit uralter Zeit besaß. Als ihr Volk in die Hand des Feindes fiel, gab es weit und breit niemand, der ihr half. Ihre Gegner schauten schadenfroh zu und lachten, als sie unterging.
8 Sie hat schwere Schuld auf sich geladen und sich selbst zum Gespött gemacht. Wer sie früher verehrte, verachtet sie nun, weil er sie nackt und schutzlos liegen sah. Sie aber seufzt und stöhnt vor Scham und wendet ihr Gesicht von ihnen ab.
9 Bei ihrem schlimmen Treiben bedachte sie nicht, dass sie ihre Unreinheit nicht verbergen kann. Entsetzlich tief ist sie gefallen und niemand ist da, der sie trösten will. Nun schreit sie: »Sieh doch mein Elend, HERR! Höre doch, wie die Feinde prahlen!«
10 Die Hand des Feindes hat zugegriffen und alle ihre Schätze geraubt. Hilflos musste sie es mit ansehen, wie die Fremden ins Heiligtum eindrangen, Fremde, denen der HERR doch verboten hatte, mit seinem Volk dort vor ihn zu treten.
11 Alle Bewohner der Zionsstadt stöhnen, verzweifelt suchen sie nach Nahrung. Sie geben ihren Schmuck für ein Stück Brot, damit sie sich am Leben erhalten. Laut klagt die Stadt: » HERR, sieh mich doch an! Sieh doch, wie sehr man mich verachtet!«
12 Allen, die vorübergehen, ruft sie zu: »Nichts dergleichen möge euch treffen! Schaut her, wo gibt es solche Qualen, wie ich sie jetzt erleiden muss? Der HERR hat sie mir auferlegt am Tag, an dem sein Zorn mich traf.
13 Von oben her schickte er Feuer auf mich, das in mir wütete und mich bezwang. Er spannte sein Netz aus, um mich zu fangen; ich lief hinein und stürzte zu Boden. Er hat mich völlig zugrunde gerichtet und mich für alle Zukunft krank gemacht.
14 Alle meine Sünden hat er genommen; ein Joch hat er daraus gemacht, das hat er mir auf den Nacken gelegt und ich bin darunter zusammengebrochen. Er hat mich den Feinden preisgegeben, vor denen ich nicht standhalten konnte.
15 Meine Krieger, die ich bei mir hatte, schob er mit einer Handbewegung fort. Er rief die Feinde gegen mich zusammen, um meine jungen Männer zu vernichten. Wie man Trauben in der Kelter zertritt, so ließ er das Volk von Juda von ihnen zertreten.
16 Darum fließen meine Tränen unaufhörlich, ich weine mir die Augen aus dem Kopf. Ich habe niemand, um mich zu trösten, niemand, der mir Erleichterung bringt. Meine Kinder haben keine Zukunft mehr, die Übermacht der Feinde war zu groß.«
17 Die Zionsstadt streckt die Hände aus, doch niemand ist da, der sie tröstet. Der HERR hat die Nachbarvölker gerufen, um sein Volk in die Enge zu treiben. Jerusalem ist für sie eine Stadt, auf die sie voller Abscheu blicken.
18 »Der HERR ist im Recht, wenn er mich straft; denn ich habe mich seinem Wort widersetzt. Ihr Völker alle, hört meine Klage! Seht, welche Qualen ich erdulden muss: Meine Mädchen und meine jungen Männer, sie mussten fort in die Gefangenschaft!
19 Ich rief die Liebhaber, die mich einst begehrten, doch sie ließen mich alle im Stich. Meine Priester und die führenden Männer, elend sind sie umgekommen in der Stadt, weil sie nirgends etwas zu essen fanden, um sich am Leben zu erhalten.
20 HERR, sieh doch, wie verzweifelt ich bin, wie es brennt in meinen Eingeweiden! Das Herz dreht sich mir im Leibe um! Wie konnte ich so widerspenstig sein? Draußen raubte mir das Schwert die Kinder, drinnen raffte sie die Seuche hin.
21 Meine Feinde haben mich stöhnen gehört: ›Niemand ist da, um mich zu trösten!‹ Sie haben von meinem Unglück gehört und sich gefreut, dass du mir das angetan hast. Du hast dein Strafgericht über mich gebracht, das du mir seit Langem angekündigt hattest; aber auch ihnen soll es ergehen wie mir!
22 Ihre Verbrechen sollen vor dein Gericht kommen; zieh sie dafür zur Rechenschaft, so wie du es mit mir getan hast wegen meiner vielen Vergehen! Ach, mein Stöhnen nimmt kein Ende, mein Herz ist schon ganz krank davon.«
Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart